Geschworenengericht in UK/USA oder Schöffengericht in DE?

Bei einem Geschworenengericht (früher Schwurgericht) handelt es sich um ein Gericht, in welchem Geschworene an der Urteilsentscheidung teilhaben. Die Geschworenen sind keine Juristen, sondern Bürger, die nach einer Abstimmung ein Urteil fällen dürfen. Ein solches Geschworenengericht (Jury) gibt es heute noch in Großbritannien und den USA. Ein solches Geschworenengericht, gab es in Deutschland vor über 50 Jahren, existiert aber in dieser Form nicht mehr. Jedoch wird der Begriff Schwurgerichte weiterhin verwendet, wobei etwas völlig anders mit dieser Terminologie bezeichnet wird. Bei schweren Delikten heißt die große Strafkammer des Landgerichts Schwurgericht (§74 Abs. 2 Satz 1 GVG).[1]

Doch ähnlich dem Geschworenengericht in den USA und in Großbritannien, ist das Schöffengericht in Deutschland. Dieses besteht in der Regel aus zwei Schöffen und einem Berufsrichter. Je nach Umfang der Angelegenheit kann allerdings ein zweiter Berufsrichter herangezogen werden.

„Schöffen üben das Richteramt während der Hauptverhandlung in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die an der Verhandlung teilnehmenden Berufsrichter aus und tragen dieselbe Verantwortung für das Urteil wie diese. Sie entscheiden die Schuld- und Straffrage gemeinschaftlich mit den Berufsrichtern (§§ 30, 77 GVG).“[2]

Ebenso wie beim Geschworenengericht in den USA und in Großbritannien kann auch in Deutschland fast jeder Schöffe für 5 Kalenderjahre werden. Bewerbungen für das Schöffenamt werden bei der zuständigen Gemeinde eingereicht. Um auf der Vorschlagliste für Schöffen aufgenommen zu werden (§ 36 GVG) sind 2/3 Stimmen der Gemeindevertreter notwendig. Anschließend hat die Gemeinde Einsicht in Liste, und kann Einspruch gegen einen oder mehrere Bewerber erheben.  Ferner können nur deutsche Staatsbürger den Schöffendienst antreten, die darüber hinaus mindestens das 25. und höchstens das 70. Lebensjahre (§ 33 GVG) erreicht haben, und nicht vorbestraft sind. Dabei müssen die Schöffen über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen, und einige Berufsgruppen sind von vornhinein vom Dienst ausgeschlossen.[3]

Vor allem ist es kritisch zu betrachten, dass Beschäftigte im Bereich der Justiz (Richter, Beamte, Staatsanwaltschaft, Notare, Rechtsanwälte, Rechtsanwaltsgehilfen) und Polizeivollzugsbeamte, Bewährungshelfer und Gerichtshelfer, Priester, Pastoren und politische Beamte vom Schöffendienst ausgeschlossen sind. Eben jene Berufsgruppen, die über das nötige umfangreiche juristische Fachwissen verfügen, und somit ein kompetentes und gerechtes Urteil  gewährleisten könnten.

An dieser Stelle ist die Auswahl der Schöffen ebenso kritisch zu hinterfragen wie die Geschworenen in den USA, die ebenfalls aus der Bevölkerung willkürlich gewählt werden, und anschließend auf deren Unvoreingenommenheit geprüft werden. Ebenso wie die Schöffen verfügen die meisten über keinerlei juristisches Fachwissen. Herrscht die Todesstrafe in einem Staat, werden Geschworene, die gegen die Todesstrafe sind, nicht als Geschworene zugelassen.

Bezüglich der Geschworenengerichte wird vermehrt die Kritik geäußert, dass diese beeinflussbar seien, ein Hohes Maß an Verantwortung tragen und über Schuld und Unschuld der Angeklagten frei entscheiden können.[4] Das Glück des Schuldigen oder Unschuldigen ist demzufolge abhängig von der Eloquenz seines Anwalts, und in wie weit er die Geschworenen manipulieren und beeinflussen kann. Auch das Schöffengericht ist diesbezüglich fraglich. Denn aufgrund eines fehlenden fachlichen Wissens ist es auch beeinflussbar, da es die Komplexität des Rechtsystems nicht erfasst und meist aus emotionalen Beweggründen handeln könnte.[5]

Das Schöffengericht bietet allerdings zwei Vorteile gegenüber dem Geschworenengericht in Großbritannien und den USA.  

Zum einen werden die Schöffen scheinbar strenger kontrolliert, und müssen gewisse Bedingungen erfüllen bevor sie das Amt des Schöffen antreten können. Zum anderen hat der Berufsrichter bzw. die beiden Berufsrichter ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht und agieren nicht wie beim Geschworenengericht passiv. Sie sind aktiver an der Entscheidungs- und Urteilsfindung beteiligt.[6]  

Der Unterschied zwischen Solicitorund Barrister

Lawyer“ ist im englischsprachigen Raum der allgemeine Terminus, der im eigentlichen Sinne zwei Berufsbezeichnungen im Rechtssystem in England und Wales und anderen Ländern des Commonwealth deckt: „Solicitor“ und „Barrister„. Mit beiden Bezeichnungen ist ein lizenzierter praktizierender Jurist gemeint, der qualifiziert ist eine rechtliche Beratung in einem oder mehreren Rechtsgebieten zu geben.[7]

Dies bedeutet aber nicht, dass einer von beiden „besser“, erfahrener oder ranghöher als der andere ist, denn beide Berufsgruppen verfügen über eine unterschiedliche und spezialisierte Ausbildung und übernehmen demzufolge auch verschiedene Bereiche der rechtswissen-schaftlichen Arbeit.[8]

Der grundlegende Unterschied zwischen einem Barrister und einem Solicitor? Der Barrister vertritt hauptsächlich Mandanten vor Gericht, und der Solicitor übernimmt überwiegend juristische Arbeiten außerhalb des Gerichtssaales. Aber in beiden Fällen gibt es Ausnahmen.[9]

 Die Aufgaben eines Barrister

Prinzipiell sind Barrister an ihrer weißen Perücke, welche sie im Gerichtssaal tragen, zu erkennen. Sie arbeiten dabei auf einem höheren Level als ein Solicitor, und plädieren vor dem Gerichtshof und entwerfen Prozessschriften und andere gerichtsrelevante Dokumente. Ihre Hauptaufgabe ist es, als Anwalt (Advokaten) in Anhörungen aufzutreten. Sie vertreten Mandanten als Verteidiger vor Gericht. Außerdem bietet ein Barrister spezielle juristische Beratungen und vertritt Individuen und Organisationen vor Gericht und dem Tribunal.

Außerdem erhalten Barrister meist Anweisungen von einem Solicitor. Demzufolge müssen Mandanten meist ihr Anliegen bei einem Solicitor vortragen, bevor ein Barrister sie vor Gericht überhaupt vertreten kann. Der Barrister wird im Auftrag des Mandanten von einem Solicitor engagiert. Daher sind Barrister meist juristische Experten und außergewöhnliche Verteidiger (Advokaten) zugleich.

Nach der Tradition traten Barrister auch vor den höchsten Gerichtshöfen des Landes auf. Die Mandanten, welche sie vor Gericht vertraten, durften sie nicht direkt kontaktieren, sondern mussten dies über den Solicitor tun.  Diese Regelungen wurden allerdings in den letzten Jahren entschärft.

Die Aufgaben eines Solicitor

Wenn Leute davon sprechen einen Rechtsanwalt zu engagieren, dann sprechen sie im eigentlichen Sinne von einem Solicitor. Im Allgemeinen bietet der sogenannte Solicitor eine breite Palette an juristischen Dienstleistungen für Unternehmen, Banken, den Staat, Organisationen und Einzelpersonen in verschiedenen Rechtsgebieten wie beispielsweise Straf-, Familien-, Eigentums- und Arbeitsrecht an.[10] Im Rahmen der Rechtsprechung, Satzungen und Vorschriften versucht der Solicitor Lösungen für die Probleme seiner Mandanten zu erarbeiten. Die Ausübung der juristischen Praxis variiert jedoch stark vom Kontext, und ist abhängig von Größe und Art der Kanzlei.

Der Solicitor ist in der Regel der erste Ansprechpartner für Mandanten, welcher dann den Fall zur fachlichen Beratung oder Vertretung vor Gericht an einen Barrister weiterleitet. Einer der größten Unterschiede ist demzufolge auch, dass Barrister Mandanten vor Gericht und Tribunalen vertreten. Solicitor hingegen können vor Gericht erscheinen, wenn sie in einer spezialisierten Strafverfolgungskanzlei tätig sind. Trotzdem befinden sie sich hinsichtlich des Rangs hinter dem Barrister, und sprechen nicht direkt zum Richter oder der Jury.[11] 

Die Herkunft der Barrister Perücke

 Das Tragen einer Perücke vor Gericht zählt zu einer der am längsten erhaltenen Traditionen der britischen Gerichtshöfe. Durch die Kolonialisierung wurde diese Tradition auch in andere Länder weitergetragen und dort oft erhalten. Perücken zählen zur traditionellen Gerichtsrobe eines Barrister und eines Richters, jedoch tragen beide unterschiedliche Perücken. Außerdem änderte sich im Laufe der Zeit und abhängig vom Anlass auch der Stil der Perücke.

Warum Barrister und Richter später begannen diese Perücken zu tragen, dafür gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze:

Mode

Vor dem 17. Jahrhundert war es Juristen nicht vorgeschrieben eine Perücke im Gerichtssaal zu tragen. Allerdings mussten Richter eine einfache weiße Kappe vor Gericht tragen, wohingegen Barrister keine Kopfbedeckung hatten.

Anscheinend begann Ludwig XIV mit dem Trend eine Perücke zu tragen. Aus Eitelkeit, und um seine Glatze zu bedecken trug er eine Perücke. Als König Karl II aus Frankreich aus dem französischen Gericht zurückkehrte, verbreitete sich der Trend wie ein Lauffeuer unter den Reichen in England und 1660 hatte das House of Lords die neue Mode vollständig übernommen.  Die Perücken waren übermäßig groß, und wurden „perriwigs“ genannt, ein Wort, das vom Französischen „perruque“ (weaving wig) abgeleitet wurde. Diese Perücken haben sich weiterentwickelt, zu jenen, die im 20. Jahrhundert getragen wurden. Die klassische Richter Perücke ist dabei schulterlang und krausen Seiten, wohingegen die Barrister Perücke keine langen Seitenteile hat, sondern am Oberteil Locken und im Nacken zwei Zöpfe.[12] 

Anonymität

In der Vergangenheit boten die Perücken den Richtern und Barrister Schutz vor Verbrechern, denn sie sorgten dafür, dass sie auf der offenen Straße nicht leicht erkannt wurden. Somit wurden sie vor der Rache der verurteilten Personen oder deren Angehörigen geschützt.

Heute wird die schulterlange Version der Perücke noch in Strafrechtsprozessen getragen. Der Geschäftsführer des Fachgeschäfts Thresher & Glenny ist der Meinung, dass die Perücken im Umgang mit Verbrechern auch heute durchaus von Vorteil sein können. Gleichzeitig vermittelt sie Autorität, und können einschüchternd wirken.

Im Fachgeschäft Tresher & Glenny ist die schulterlange Version der Perücke für rund 1000 Pfund erhältlich, und eine Short Bob Perücke kann für 410 Pfund erworben werden. [13]

Abgrenzung

Eine weitere Theorie besagt, dass die Perücken zur Abgrenzung vom gemeinen Volk dienen sollten. Man wollte die Bedeutsamkeit und Würde des Gerichts durch eine andere Kleiderordnung widerspiegeln. Demzufolge hatten die Gerichtsroben und Perücken die Funktion Autorität auszustrahlen. Deswegen möchten auch heute viele Richter und Barrister nicht auf die Fortführung der Tradition verzichten. Dennoch zog im Oktober 2008 eine neue Kleiderordnung in den britischen Gerichtssälen ein, bei der vorerst die Richter auf die Perücke verzichteten.[14]

 Herstellungsmaterial und Pflege der Perücken

Ursprünglich wurden die Perücken aus einer Vielzahl an Materialien, wie beispielsweise Pflanzenfasern sowie Ziegen-, Yak-, Pferde oder Menschenhaar, hergestellt. Die Perücken des 17. Jahrhunderts benötigten eine kontinuierliche Pflege, und wurden mit einer parfümierten Pomade und Puder behandelt. Im Jahre 1822 patentierte Humphrey Ravenscroft eine Gerichtsperücke, die über fixierte Locken verfügte und keine Behandlung mit einer Pomade benötigte. Bis in die 1780er trugen Richter lediglich eine schulterlange Perücke (full-bottomed wig), bevor die wesentlich kürzere Bob-Perücke mit krausen Seiten, einem kurzen Pferdeschwanz oder Zopf hinten, für Zivilprozesse übernommen wurde. Die schulterlange Perücke (full-bottomed wig) wurde jedoch bis in die 1840er weiterhin für Strafprozesse verwendet.

Auch im 20. Jahrhundert trugen Barrister noch Perücken, wohingegen Richter eine vereinfachte Variante trugen, die als „bench“ oder „tie“ Perücke bekannt ist. Ferner wurden die Perücken meist aus Pferdehaar hergestellt.[15]

[1] Zeisel, H. / Kasper, G.: Lay Judges in German Criminal Courts. In: University of Chicago Law School Chicago Journal.http://chicagounbound.uchicago.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=11509&context=journal_articles abgerufen am 13. Dezember 2016.

[2] Merkblatt für Schöffen. Stand: Februar 2015. http://www.justiz.de/formulare/zwi_bund/vordruck124.pdf  abgerufen am 13. Dezember 2016.

[3] Deutscher Bundestag: Die Gerichtssprache ist Deutsch. In: Deutscher Bundestag Webseite. Stand: 28. Juni 2010.http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/30410971_kw26_de_gerichtsverfassung/202162 abgerufen am 13. Dezember 2016.

[4] Hoffmann, Ronja: Die Jury bei Gericht: Veraltet oder Schutz vor Behördenwillkür? In: Detektor. Stand: 23. Januar 2015. https://detektor.fm/wissen/das-jury-system-den-usa abgerufen am 13. Dezember 2016.

[5] Halter, Lars:  Die Grand Jury – so mächtig wie mysteriös. In: Der Tagesspiegel. Stand: 8. Dezember 2014. http://www.tagesspiegel.de/politik/laienjustiz-in-den-usa-die-grand-jurys-so-maechtig-wie-mysterioes/11087218.html abgerufen am 13. Dezember 2016.

[6] Diesen, Christian: The Advantages and Disadvantages of Lay Judges from a Swedish Perspective ”. In: Revue internationale de droit pénal 1/2001 (Vol. 72), S. 355-363. http://www.cairn-int.info/article-E_RIDP_721_0355–the-advantages-and-disadvantages-of-lay.html abgerufen am 13. Dezember 2016.

[7] Slater and Gordon UK: What’s the difference between a Lawyer, a Solicitor and a Barrister?. Stand: 23. September 2014. http://www.slatergordon.co.uk/media-centre/blog/2014/09/difference-between-a-lawyer-a-solicitor-and-a-barrister-explained/ abgerufen am 10. Dezember 2016.

[8] Reed, Lucy: What’s the difference between a Barrister and a Solicitor? Stand: 12. August 2007. http://www.pinktape.co.uk/uncategorized/whats-the-difference-between-a-barrister-and-a-solicitor/ abgerufen am 10. Dezember 2016.

[9] BrightSide: What is the difference between a Barrister and a Solicitor?. Stand: n/a. https://www.brightknowledge.org/knowledge-bank/law-and-politics/careers-and-courses/what-is-the-difference-between-a-barrister-and-solicitor abgerufen am 10. Dezember 2016.

[10] QLTS: The difference between a Solicitor and a Barrister. Stand: 30. Oktober 2011. http://www.qlts.com/blog/profession/the-solicitor-and-barrister-profession-in-the-uk-what-is-the-difference. Abgerufen am 10. Dezember 2016.

[11] Love, Samantha: Solicitor or Barrister? How to choose the legal career that’s right for you.  In: Oxford Royal Academy. Stand: 20. Dezember 2013. https://www.oxford-royale.co.uk/articles/choosing-barrister-vs-solicitor-career-paths.html. Abgerufen am 10. Dezember 2016.

[12]Emerson, Dr. John: Why are you wearing a wig?  Changes in Court Etiquettes in South Australia. Stand: November 2004. In: Courts Administration Authority of South Australia.  http://www.courts.sa.gov.au/Community/ForSchools/Resources/Pages/History-of-wigs.aspx  abgerufen am 11. Dezember 2016.

[13] Klimke, Barbara: Kleine Reform: In Englands Gerichtssälen trägt mancher Richter bald keine Perücke mehr – Abschied vom Rosshaar. In: Berliner Zeitung. Stand: 31. Mai 2008.  http://www.berliner-zeitung.de/kleine-reform–in-englands-gerichtssaelen-traegt-mancher-richter-bald-keine-peruecke-mehr-abschied-vom-rosshaar-15479176  abgerufen am 11. Dezember 2016.

[14] Borger, Sebastian: Auslaufmodell Perücke. In: Welt. Stand: 29. September 2008.

https://www.welt.de/welt_print/article2506259/Auslaufmodell-Peruecke.html abgerufen am 11. Dezember 2016.

[15] Victoria Law Foundation: Wigs and Robes – A lasting tradition. In: Grants Publications Education. abgerufen am 11. Dezember 2016.

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